Im Olympischen Sport-Club Berlin

Florett

Florett

Geschichte

Historisch war das Florett ursprünglich eine reine Übungswaffe. Es entstand aus gewöhnlichen scharfen Degen, die für den Übungsgebrauch entschärft wurden, indem eine stumpfe sog. Knospe (frz. fleuret → Florett) über die Spitze gestülpt und die Klinge mit einer Folie umwickelt wurde. Wurde in der Vergangenheit ein Duell mit Blankwaffen meist mit dem Degen oder dem Säbel ausgetragen, gab es in Frankreich auch Duelle mit scharfen Floretten, bei denen nur die Treffer auf den Rumpf der Duellanten berücksichtigt wurden. Ein scharfes Florett zählt zu den Stichwaffen, ein stumpfes Florett ist den Stoßwaffen zuzuordnen.

Gegenwart

Heute ist das Florett eine von drei gebräuchlichen Waffen im Sportfechten. Es ist 110 cm lang, wovon die Klingenlänge maximal 90 cm ausmachen darf, und maximal 550 g schwer. Für Fechter bis 11 Jahre wird eine kleinere Version, das Mini-Florett, verwendet, dessen Klingenlänge ca. 77 cm beträgt. Es gibt drei unterschiedliche Griffarten: Der (kaum noch gebräuchliche) italienische Griff, der französische Griff (im Wesentlichen ein simpler gerader Griff), und der Pistolen- oder orthopädische Griff. Die Klinge wird aus Maraging-Stahl gefertigt und ist sehr biegsam. Heutige Sportwaffen können zwar selbst unter den extremen in einem Gefecht auftretenden Kräften kaum noch so splittern, dass sie zu einer ernsten Gefahr für die Fechter werden können. Gleichwohl handelt es sich um Sportgeräte, mit denen auch im intakten Zustand ohne spezielle Schutzkleidung und Regeln erhebliche Verletzungen verursacht werden können, und der respektvolle Umgang der Sportfechter mit der Klinge wird entsprechend gelehrt.

Manuelles Sportflorett mit Pistolengriff (orthopädischer Griff).

Das Florettfechten unterscheidet sich vom Degenfechten durch das Treffervorrecht (siehe unten) und die Trefferfläche (beim Sportfechten mit dem Florett gilt lediglich der Rumpf ohne Kopf, Arme und Beine als Trefferfläche) bzw. vom Säbelfechten dadurch, dass es eine reine Stoßwaffe ist (nur Treffer mit der Klingenspitze sind gültig).

Optisch unterscheidet sich das Sportflorett vom Degen durch den quadratischen Klingenquerschnitt und die kleinere, eher scheibenförmige Glocke (Handschutz). Degen besitzen einen V-förmigen Querschnitt und eine halbkugelförmige Glocke.

Sportfechten erfordert neben sehr guter Kondition und der Fähigkeit, die Aktionen des Gegners rechtzeitig zu durchschauen und taktisch zu nutzen vor allem ausgezeichnete Reflexe und bis zur Automation eingeübte Aktionen. Fechter haben in sportmedizinischen Tests neben den Tischtennisspielern die kürzesten Reaktionszeiten bewiesen. Turniere mit Dutzenden Gefechten stellen eine große Herausforderung an die Kondition und Konzentration der Fechter dar. Ungeübte Beobachter können den Klingenbewegungen insbesondere eines Spitzenfechters nur schlecht folgen.

Regeln des Florettfechtens (vereinfacht)

Florettfechter, die erlaubte Trefferfläche ist rot markiert.

Beim Florettfechten gelten der Rumpf und seit dem 1. Januar 2009 auf FIE-Ebene auch der Maskenlatz als Trefferfläche. Es sind nur Treffer mit der Klingenspitze gültig.

Gefochten wird auf einer 14 Meter langen und 1,5 Meter breiten Bahn (Planche), meistens auf 5, 10, oder 15 Treffer. Die Trefferanzahl ist von der Kategorie abhängig. Ein Kampfrichter (genannt Obmann) leitet das Gefecht, bei Turnieren immer auf französisch. Ein Gefecht dauert gewöhnlich 3 oder 9 Minuten (reine Kampfzeit, Unterbrechungen nicht mitgerechnet).

Die Trefferanzeige erfolgt elektronisch, wobei Übungsgefechte nicht selten manuell ausgetragen werden. Die Fechter tragen über ihrer Schutzkleidung eine elektrisch leitende E-Weste, in die Florettklinge ist eine Leitung eingezogen, die in der Spitze endet, wo sich ein Federmechanismus befindet. Übt das Florett mit seiner Spitze, entlang seiner Klingenachse, auf den Gegner eine Kraft von mindestens 0,5 kp aus, wird der sonst permanent geschlossene Stromkreis unterbrochen und es leuchtet die Trefferanzeige auf. Trifft die Spitze die E-Weste, wird damit ein zweiter Stromkreis geschlossen und es leuchtet die Trefferanzeige „gültig“, trifft die Spitze auf andere Körperteile oder sonstige Flächen leuchtet die Trefferanzeige „ungültig“. Treffer auf die Fechtbahn lösen hingegen überhaupt keine Anzeige aus, denn diese leitet ebenfalls den Strom des primären Klingenstromkreislaufs.

Jeder Treffer, auch ein ungültiger, unterbricht das Gefecht. Die Fechter gehen danach an der Stelle der letzten Aktion wieder in Position (Auslage, frz. en garde) und das Gefecht geht weiter. Werden beide Fechter zeitgleich getroffen (gültig oder ungültig) entscheidet das Angriffsrecht, ob bzw. wer den Treffer angerechnet bekommt. Bei einem Doppeltreffer erhält der Fechter den Punkt, der das Angriffsrecht hat.

Das Angriffsrecht hat der, der zuerst angreift, allerdings nur solange, bis sein Angriff durch eine Parade beendet ist und der Gegner zur Riposte ansetzt. Greifen beide Fechter gleichzeitig an und treffen beide (egal ob gültig oder ungültig), erhält keiner den Treffer. Dies bezeichnet man als „Simultané“. Zweck dieser Regel war wohl ursprünglich den Fechtern beizubringen, zuerst zu parieren und erst dann anzugreifen, was bei einem Duell überlebenswichtig war.

Wer die Fechtbahn verlässt, etwa rückwärtig durch Zurückweichen, wird zunächst verwarnt. Weitere Verstöße werden mit Straftreffern belegt, das absichtliche, insbesondere seitliche Verlassen der Bahn auch mit Strafen bis hin zur Disqualifikation.

Bei Turnieren gibt es sowohl Runden mit mehreren Fechtern, bei denen jeder gegen jeden ficht und mehrere in die nächste Runde aufsteigen, als auch Runden mit direkter Elimination, bei denen jeder Fechter nur einen Gegner hat und nur der Gewinner aufsteigt. Üblicherweise folgt auf ein Vorrundensystem die Direktausscheidung, teils mit „Hoffnungslauf„.